Geförderte Projekte

GRIMMkids: mit einer App durch die Ausstellung der Grimmwelt

Sie alle haben ein zartes Gesicht mit großen, neugierigen Augen, aus ihren Körpern wachsen dünne Arme und Beine: eine Lupe, eine Feder, ein Buch, eine Schere und ein Tintenfass. Die Illustratorin Katrin Nicklas hat aus Alltagsgegenständen bunte Cartooncharaktere erschaffen, die über eine eigene Persönlichkeit, über Gestik und Mimik verfügen.

Die „Grimmies“ werden zu Identifikationsfiguren für einen Teil des Grimmschen Werks, der im Vergleich zu den allseits bekannten Märchen für die meisten Besucherinnen und Besucher weniger attraktiv erscheint. Die beiden Brüder waren bedeutende Sprachforscher und gelten als Mitbegründer der Germanistik, sie verfassten eines der ersten Wörterbücher deutscher Sprache. „Gerade für Kinder ist der Zugang hier viel schwieriger herzustellen. Grammatik wird mit Lernen, mit Schule verknüpft und damit leider selten mit Spaß“, so Julia Ronge, die die Kunstvermittlung im „Erlebnisraum Grimmwelt“ leitet. Sie ergänzt: „Das wollten wir ändern und zeigen, wie spielerischer Wissensgewinn gehen kann.“ Denn in Kassel, wo die Brüder einst lange Jahre lebten und arbeiteten, möchte man mehr als ein traditionelles Museum sein. „Wir wollen zum aktiven Mitmachen einladen“, sagt Ronge. Es geht um das Erlebnis, viele der Exponate sind interaktiv: Im musealen Märchenwald kann man sich herrlich verlaufen, ein Knusperhäuschen lädt zum Verweilen ein und ein überdimensioniertes Tintenfass zeigt eindrücklich, wie viel Tinte die berühmten Brüder in ihrem Leben verbrauchten.

„Nicht das 100. Rotkäppchen“: Ganz in diesem Sinne nehmen nun auch die Grimmies, die fünf Freunde aus dem Schreibbedarf, Kinder von fünf bis zwölf Jahren mit auf eine abenteuerliche Schnitzeljagd durch die Ausstellung. Als Titelhelden des musealen Begleithefts für Familien „Nachts in der Grimmwelt“ gab es Lupine, die kleine Lupe, Buchhilde, das Buch, Feodor, die Schreibfeder, Tintus, das Tintenfass und Sissie, die Schere, schon länger, nun sollten sie noch realistischer und greifbarer werden, vom Papier in die virtuelle Welt wachsen, sprich aufs Handy oder Tablet reisen. Ronge führt aus: „Unser Plan war, die bereits bestehenden Angebote in den digitalen Raum zu überführen.“ Der Startschuss für die neue App „GRIMMkids“ war gegeben.

Das Digitale wollte man nicht nur um der Digitalität willen: Das Erproben neuer Erzähl- und Vermittlungsstrategien stand im Vordergrund. Die App biete dabei ganz neue Möglichkeiten, so Ronge. Technische Details nämlich, die die mit der Programmierung beauftragte Firma „Magig“ sonst auch gerne im Gaming-Bereich oder der Virtual Reality einsetzt. So werden im Ausstellungsraum platzierte „Cookies“, ganz ähnlich einem QR-Code, zu punktuellen Portalen in die digitalen Sphären der App – wie die Brotkrumen, die einst Hänsel und Gretel den Weg durch den dunklen Märchenwald wiesen. Immer wieder sollen so analoge Eindrücke um virtuelle ergänzt werden. Visuelle Inputs werden um auditive Elemente ergänzt und so neue Assoziationen geknüpft: Entertainment trifft innovative Lernstrategien.

„Mit den personifizierten Schreibutensilien werden Objekte zum Leben erweckt, die erstmal langweilig wirken und sich sonst hinter dickem Vitrinenglas verbergen“, so Ronge. „Für Kinder ist eine mediale Aufbereitung oft viel intuitiver und leichter zugänglich. Gleichzeitig entsteht ein intergenerationales Moment. Oft sind es die Kleinen, die ihren Eltern oder Großeltern die Bedienung erklären.“ Es ginge auch darum, ein Medium zu schaffen, das Zugänge herstellt und sich möglichst barrierefrei nutzen lässt. Eine Audiospur, die auf Deutsch und Englisch verfügbar ist, bietet die Option, sich Inhalte hörend zu erschließen.

Die erste Version der App, deren aufwendige Produktion durch das Förderprogramm KULTUR.GEMEINSCHAFTEN möglich war, soll nur der Anfang sein. Julia Ronge sagt: „Wir wollten einen soliden Prototyp entwickeln, der sich ganz im Sinne der Nachhaltigkeit weiterführen und um neue Inhalte ergänzen lässt. In Stufe zwei wollen wir die Grimmies dann mit Hilfe von Augmented Reality auch dreidimensional erlebbar machen.“

Text: Anna Marckwald

Dieser Beitrag ist im Dezember 2022 im Magazin Arsprototo (Ausgabe 02/2022) erschienen.

ZUM PROJEKTPROFIL

Mit Klick auf [„Video starten“] stimmen Sie zu, dass [YouTube] Cookies setzt und personenbezogene Daten erhebt, welche ggf. in Drittländer übertragen werden, die kein mit der EU vergleichbares Datenschutzniveau aufweisen. Weitere Informationen finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.